Wie in seinem Debütroman „Tschefuren raus!“ (Folio Verlag, 2021) erzählt der slowenische Autor Goran Vojnović auch in seinem zuletzt auf Deutsch erschienenen Roman „18 Kilometer bis Ljubljana” (Folio Verlag, 2023) vom Leben der Einwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien in Slowenien. In Fužine, einer Vorstadt von Ljubljana, leben die Familien des Hauptprotagonisten Marko und die seiner Freunde mittlerweile zwar schon seit Jahrzehnten, sind hier aber nie angekommen. Der Bürgerkrieg, der in den Grenzgebieten der heutigen Staaten, Bosnien, Kroatien und Serbien vor einem Vierteljahrhundert wütete, hat sich dem Raum, den Einzelschicksalen und den Köpfen eingeschrieben. Angelegt als innerer Monolog in einem Stil, der in kurzen, mit Kraftausdrücken gespickten Sätzen nach Maschinengewehr klingt und vom Übersetzer Klaus Detlef Olof kongenial ins Deutsche übertragen wurde, erzählt der Roman auch klanglich von nichts anderem als von Gewalt und systemimmanenter Sprachlosigkeit. Es ist ein Buch über Heimat- und Identitätsverlust, geschrieben mit der Wut und Emotionalität derjenigen, die daran keine Schuld tragen.
Im Gespräch mit Autor und Übersetzer werden Fragen zur Übersetzbarkeit einer solchen Sprache genauso erläutert wie Fragen zur Vergleichbarkeit der im Roman beschriebenen Nachkriegssituation auf dem Balkan mit anderen Grenzregionen Europas. Es moderiert die Autorin und Übersetzerin Natalija Milovanović.
Die Veranstaltung ist Teil der Reihe Sprachwechsel, in der die sprachliche und gesellschaftspolitische Situation von Grenzregionen ausgelotet wird.
Goran Vojnović ist 1980 in Ljubljana geboren. Bereits mit seinem Debütroman „Tschefuren raus!“ hat er mit der Darstellung von Polizeigewalt einen öffentlichen Skandal ausgelöst. Ihm geht es stets unsentimental und doch berührend um Identitätssuche und kulturelle Offenheit. Auch als Filmregisseur entwirft er in starken Bildern ein Sittenbild der postjugoslawischen Gesellschaften. Vojnović ist einer der erfolgreichsten slowenischen Schriftsteller der Gegenwart, seine Bücher sind in viele Sprachen übersetzt. „18 Kilometer bis Ljubljana“ (Folio 2023) ist der bislang letzte und vierte im Folio Verlag, Wien, Bozen erschienene Roman des Autors.
Klaus Detlef Olof, 1939 in Oebisfelde geboren, Kindheit und Jugend in Lübeck und Hildesheim, Studium der Slawistik in Hamburg und Sarajevo. Bis 2005 Lehrtätigkeit an den Universitäten Klagenfurt, Graz und Wien, lebt und arbeitet in Zagreb und Pula als literarischer Übersetzer. 1991 erhält er den Österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzung. Für den Roman „18 Kilometer bis Ljubljana“ von Goran Vojnović war er für den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Übersetzung nominiert.
Natalija Milovanović, 1995 in Serbien geboren, ist Übersetzerin und Dichterin und schreibt auf Serbisch und Slowenisch. 2023 erlangte sie mit ihrer Masterarbeit „Auf Unsrisch. Goran Vojnović in Übersetzung“ den 3. Preis für Abschlussarbeiten an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz. Ihr erster Gedichtband Samoumevno („Selbstverständlich“, 2021) wurde auf der 37. slowenischen Buchmesse mit dem Preis für das beste Debüt ausgezeichnet, ihre Gedichte wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Sie ist Dozentin am Premuda Sommerkolleg Literarisches Übersetzen (Deutsch-Slowenisch) und lebt in Ljubljana.
Eine Zusammenarbeit von ZeLT mit dem Folio Verlag, Wien, Bozen.
Mit freundlicher Unterstützung von: